18.7.2023 | Der „Heiz-Hammer" und andere Energie-Themen haben in den letzten Wochen die öffentliche Diskussion beherrscht. Doch wie sieht es auf der lokalen Ebene aus? Wir hatten
Gelegenheit, mit Dr. Panagiotis Memetzidis, dem Chef der Stadtwerke Quickborn über Preise, örtliche Wärmeplanung, Photovoltaik und Wasserversorgung zu sprechen. Lesen Sie hier den ersten Teil des
Interviews.
Herr Dr. Memetzidis, Sie hatten ja bereits beim Bürgerfest im Mai Preissenkungen für Strom und Gas angekündigt, jetzt soll es bald so weit sein. Womit können die Stadtwerke-Kunden rechnen?
Dr. Memetzidis: Zum 1. September 2023 werden wir die Strompreise um 8,94 ct/kWh und für Gas um 4,46 ct/kWh senken, jeweils brutto. Das entspricht einer Senkung von ca. 24 % beim Q-Strom 2.0 und
von ca. 17 % beim Q-Gas 2.0. Der Q-Strom 2.0 liegt dann bei 44,77 ct/kWh, der Q-Gas 2.0 bei 12,94 ct/kWh brutto. Damit liegen wir mit unserem Strompreis immer noch knapp über den Preisbremsen.
Die Reduzierung des Preises kommt den Kunden dennoch im Rahmen der 20 %, die nicht gedeckelt sind, zu Gute.
Mt diesen Preissenkungen tragen wir den preislichen Entspannung auf den Energiemärkten Rechnung. Wichtig für unsere Kunden ist, dass wir als Stadtwerke Energie im voraus beschaffen, um unseren Kunden dauerhaft einen fairen, marktgerechten Preis zu bieten. So ist es uns auch gelungen, die absoluten Preisspitzen im Verlaufe der Energiekrise 2022 zu vermeiden.
Auf den Vergleichsportalen werden häufig günstige Preise nur für Neukunden angeboteh, Bestandskunden bleiben auf der Strecke. Bei uns profitieren immer die langjährigen, treuen Kunden. Bessere Angebote für Neukunden gibt es bei uns nicht.
Wie sieht es denn im Vergleich mit anderen Stadtwerken aus?
Nach unserem letzten Stand liegen wir in einer Range mit den anderen Stadtwerken im Kreis Pinneberg. Wenig bekannt ist ja, dass wir trotz der räumlichen Nähe unterschiedlichen Netzentgelten unterliegen, die rund 1/3 des Preises ausmachen. Alle 5 Jahre legt die Bundesnetzagentur für die einzelnen Stadtwerke in Deutschland die Netzentgelte fest. Dabei werden u.a. die Netzlängen und die Investitionen berücksichtigt. So kommt es, dass wir z.B. ein anderes Netzentgelt erheben müssen als die Stadtwerke Pinneberg.
Stichwort Investitionen: Was haben die Stadtwerke in diesem Punkt unternommen?
Als ich vor rund 12 Jahren als Geschäftsführer bei den Stadtwerken anfing, haben wir als erstes eine umfassende Bewertung der Netzqualität in allen Bereich - Strom, Gas, Wasser und Fernwärme - vorgenommen. Damals hatten wir im Schnitt einmal im Monat eine Störung im Freileitungsnetz (Strom). Nach Identifizierung der Schwachpunkte haben wir dann ein umfangreiches Investitionsprogramm gestartet, z.B. alle Leitungen im Stadtgebiet in die Erde verlegt und einige weitere Investitionsschwerpunkte gesetzt. Hierdurch konnten wir unsere Versorgungsqualität enorm steigern. Großartig war, dass die Politik dieses im Rahmen eines parteiübergreifenden Konsenses voll mitgetragen hat.
Das neue Heizungsgesetz, wann immer es kommen wird, sieht ja vor, dass die Kommunen zunächst ein kommunales Wärmekonzept erstellen und sich daraus die Anforderungen an die Hausbesitzer ergeben. Sie haben ja schon Anfang des Jahres den Hauptausschuss informiert, dass die Stadtwerke an einem solchen Konzept arbeiten. Wann ist denn mit Ergebnissen zu rechnen?
Wir treiben dieses Projekt konsequent voran und gehen davon aus, dass wir Ende des Jahres ein internes Grobkonzept vorlegen können. Der Ball liegt aber grundsätzlich bei der Stadt und den politischen Gremien, die eine solche Wärmeplanung aufstellen verabschieden müssen.
In vielen Kommunen wird ja auf Fernwärme gesetzt, die bislang in Quickborn nicht sehr ausgeprägt ist. Können Sie jetzt schon sagen, welche Rolle die Fernwärme in Zukunft für die Stadt spielen wird?
Wir versorgen aktuell knapp unter 900 Wohneinheiten inklusive Gewerbe, Verwaltung und Schulen mit ökologisch hochwertiger Fernwärme aus einem hohen Anteil Biomethan und unter dem Einsatz hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)). Darüber hinaus arbeiten wir parallel an vielen größeren und kleineren Projekten zur sog. Nachverdichtung. Das heißt, wir suchen gezielt nach Gebäuden (Bestand und Neubau), die in direkter Nähe zu vorhanden Fernwärmeleitungen liegen, und setzen alles daran diese anzuschließen.
Im Rahmen der erwähnten Konzeptentwicklung identifizieren wir derzeit zudem Gebiete/Quartiere, die als potenzielle „Keimzellen“ weiterer Fernwärmenetze dienen könnten. Hierbei gilt es abzuwägen zwischen technischer Machbarkeit, technischer Sinnhaftigkeit sowie Wirtschaftlichkeit.
Grundsätzlich wird die Fernwärme eine prägendere Rolle als bisher spielen, wenn auch das exakte Ausmaß noch nicht benannt werden kann. Dies hängt von vielen Faktoren wie u.a. der genauen Ausgestaltung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), den Fördergeldern, der Marktlage bei den Wärmepumpen und natürlich ganz zentral von den Ergebnissen der kommunalen Wärmeplanung ab.
Und wie sieht es mit dem Gasnetz aus? Sind z.B. Biogas-Anlagen geplant? Besteht die Möglichkeit, das Netz auf Wasserstoff umzurüsten, so dass die Quickborner ihre entsprechend umgestellten Gasheizungen weiter nutzen können?
Die Stadtwerke planen keine eigenen Biogas-Anlagen. Wir prüfen allerdings aktuell die grundsätzliche Möglichkeit zur Einspeisung von aufbereitetem Biogas (Biomethan) in unser Gasnetz.
Zudem arbeiten wir an einer Bewertung hinsichtlich der Wasserstofffähigkeit unseres Gasnetzes. Als Verteilnetzbetreiber sind wir jedoch „das letzte Glied in der Kette" und speisen selbst grundsätzlich keine signifikanten Gasmengen in das Netz ein. Insofern haben wir keinen Einfluss darauf, ob und wie viel Wasserstoff durch das Netz fließen wird und können hierzu auch keine Aussagen in Richtung der Quickborner Bürgerinnen und Bürger tätigen.
Wenn viele Quickborner auf Wärmepumpe umstellen oder müssen, können die Stadtwerke Quickborn dann überhaupt genügend klimafreundlichen Strom liefern?
Die Stadtwerke Quickborn erzeugen keinen Strom, sondern leiten diesen in ihrer Funktion als Verteilnetzbetreiber lediglich durch ihr Netz hin zu den Kundinnen und Kunden. Vor diesem Hintergrund können wir keine Aussage zu ausreichenden oder gegebenenfalls nicht ausreichenden Erzeugungskapazitäten tätigen.
Wir beschäftigen uns jedoch intensiv mit der Fragestellung, ob unser Stromnetz für den angesprochenen Anstieg der Abnahmeleistung (Wärmepumpen, Ladesäulen) ausreichend stark dimensioniert ist. Hierzu arbeiten wir mit Spezialisten zusammen, um in Form von hochkomplexen Netzsimulationen und sog. Stresstest-Szenarien Schwachstellen in unserem Netz zu identifizieren. Unabhängig vom expliziten Ergebnis dieser Simulationen kann man jedoch schon jetzt sagen, dass eine schlagartige 100 %-Umstellung netzseitig sicherlich nicht überall in Quickborn zu stemmen ist. Umso wichtiger sind die Ergebnisse der Wärmeplanung, um einen technisch sinnvollen Mix je nach Anwendungsfall (EFH, MFH, Quartier,…) zu finden.
Den zweiten Teil des Interviews lesen Sie in Kürze auf Quickborn1.info.
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Pam (Freitag, 21 Juli 2023 20:37)
Quickborn ist nach dem Schleswig-Holsteinischen „Energiewende- und Klimaschutzgesetz“ , das im Dezember 2021 in Kraft getreten ist, zu Wärmeplanung verpflichtet - nicht nach dem „neuen Heizungsgesetz“ das es übrigens gar nicht gibt. Das sogenannte Heizungsgesetz heißt Gebäudeenergiegesetz und ist auch nicht neu. Das heiss diskutierte Papier ist eine Novellierung des bestehenden Gesetzes.