10.11.2018 | „Lösungen sind da, wir müssen sie nur nutzen!" Mit dieser bedingt optimistischen Aussage überraschte Prof. Mojib Latif vor kurzem die Mitglieder des Rotary Quickborn in einem
Vortrag zum Klimawandel.
Mit zahlreichen animierten Charts legte Deutschlands wohl bekanntester Klimaforscher vor den rund 50 Gästen dar, dass die Zunahme von CO2 in der Atmosphäre wissenschaftlich belegt sei und auch an der Erwärmung der Erde kein Zweifel bestehe. Zwar habe es in der Geschichte immer wieder Schwankungen gegeben, aber der langfristige Trend sei eindeutig. Grund sei vor allem die Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Deshalb habe der C2-Anstieg seit der Industralisierung auch stark zugenommen. Die letzten vier Jahren seien die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Deutschland verzeichnete 2018 60 Tage mit über 25° Grad, im Durchschnitt seien es nur 20 tage pro Jahr gewesen.
Seit 1979 - dem Beginn der Messungen über Satellit - sei das arktische Meereis bereits um 30 Prozent zurückgegangen. Die bislang vereiste Nordostpassage sei inzwischen passierbar, der zunehmende Schiffsverkehr würde das Abschmelzen
des Eises weiter beschleunigen. Dies allein würde den Meeresspiegel steigen lassen, da aber 90 Prozent des Temperaturanstieges von den Meeren aufgenommen würde, würde dieser Effekt den Anstieg des Meeresspiegels noch verstärken.
Aktuell sei China mit rund 30 Prozent des CO2-Ausstoßes der weltweit größte Umweltverschmutzer vor den USA, die 2005 überholt worden seien. Da aber CO2 rund 100 Jahre in der Atmosphäre verbleibe, müsse man die langfristige Entwicklung betrachten. In der Kumulation der Jahre 1870 bis 2016 lägen die USA mit 26 Prozent vor der EU mit 22 Prozent, China mit 13 Prozent, Russland mit 7 Prozent, Japan mit 4 Prozent und Indien mit 3 Prozent.
Allzuviel Hoffnung in die Politik setzt der Leiter eines Forschungsbereiches am GEOMAR Helmholtz -Zentrum für Ozeanforsching in Kiel offensichtlich nicht. So sei der CO2-Wert seit Beginn der Weltklimakonferenzen um 60 Prozent gestiegen. Auch der letzte Weltklimagipfel in Paris sei von ihm - im Gegensatz zu vielen anderen - nicht bejubelt worden, denn die Aussagen seien viel zu vage. Auch der Koalitionsvertrag enthalte keine konkreten Ziele. Er befürchte, dass es in "postfaktischen" Zeiten für die Wissenschaft immer schwieriger werde, in der Politik und in der Wissenschaft durchzudringen. Dies werde durch die Krise der Medien noch verschärft, in der die traditionellen Medien immer weiter an Bedeutung verlören.
Doch so ganz ohne Optimismus ist Latif dann doch nicht. „Die Lösungen sind alle da, wir müssen sie nur nutzen!" Dazu müssten die Verantwortlichen in größeren Zeiträumen und nicht nur bis zur nächsten Wahl. Und es komme auch auf jeden einzelnen an. Auf jeden Fall müsse massiv investiert werden. Es habe immer wieder Entwicklungen gegeben, mit denen niemand gerechnet habe: So habe der Übergang von Pferdedroschken zum Automobil nur rund 10 Jahre gedauert, so habe niemand die Wiedervereinigung vorhergesehen und auch der deutsche Atomausstieg sei sehr plötzlich gekommen. So entließ Latif die Rotarier und ihre Gäste mit der Hoffnung auf ein kleines (oder auch größeres) Wunder beim Klimawandel.
Rotary-Präsident Jens B. Bosse, selbst bei der schleswig-holsteinischen Forstverwaltung tätig, konnte aus seinem Bereich ermutigende Erfahrungen beisteuern: „Es ist noch nicht so lange her, dass wir in Deutschland große Kahlflächen hatten, inzwischen sind dort wieder gesunde Wälder zu finden!"
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