Diakonie: Journalist zeichnet bedrückendes Bild von der Lage in Somalia und Eritrea

21.5.2018 | Rund 30 Gäste waren der Einladung der Diakonie zu einem Vortrag über die Lage in Somalia und Eritrea in das Gemeindehaus der Ev.-Luth. Kirche gefolgt. Der Kieler Journalist Reinhard Pohl zeichnete ein düsteres Bild der beiden afrikanisches Länder und informierte über die Asylverfahren.

 

Christian Rohde, örtlicher Repräsentant der Diakonie in Quickborn, hatte gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Mirija Mullikas die Veranstaltung organisiert. Rohde: „Wir möchten damit vor allem unseren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in der Migrationsarbeit Hintergrundinformationen zu den Herkunftsländern der Flüchtlinge liefern, die zu uns kommen!"

 

Seien wir ehrlich: Dass in beiden Ländern schwierige Verhältnisse herrschen, ist vielen sicherlich bekannt. Aber wie die Lage genau ist, wird manchem wohl erst deutlich, wenn man es einmal konzentriert vor Augen geführt  bekommt.

 

Eritrea - brutale Diktatur

Im Schnelldurchlauf gab Pohl einen Überblick über die wechselvolle Geschichte Eritreas, das an den Ufern des Roten Meeres liegt. Nach Zeiten als Kolonie der Türkei (1554), Italiens, der Briten und Äthopiens und diversen Befreiungskriegen wurde das Land 1993 unabhängig, führte aber auch danach noch zahlreiche Grenzkriege u.a. mit dem Sudan und Äthopien. Präsident, Regierungschef Oberbefehlshaber der Armee und Chef der Justiz ist der 1946 geborene Isayas Afewerki, der 1993 Chef einer Übergangsregierung wurde und der 1994 gegründeten „Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit" vorsteht. Seit 1993 besteht eine brutale Diktatur mit einer Ein-Parteien-Herrschaft, es gibt keine Pressefreiheit und keine Journalisten. Es bestehen Ausreisekontrollen, Asylanträge sind strafbar. Mit 18 werden Männer und Frauen zum Nationaldienst eingezogen, dem nach offiziellen Angaben von den rund 6,3 bis 8 Millionen Eritreern rund 600.000 Personen angehören. Sie stellen die Armee, müssen aber auch in der Wirtschaft Dienst leisten. Die Dienstpflicht endet für Frauen erst mit 47 Jahren, für Männer mit 57 Jahren.  Seit 2005 werden Familien von Deserteuren mit Geldstrafen, Haft oder Dienstverpflichtungen bestraft, Rückkehrer werden meist verhaftet und zwischen 5 Jahren bis Lebenslang eingesperrt.

 

Nach Schätzungen der UNO verlassen jeden Monat 5.000 Menschen das Land. In Deutschland sind zwischen 1961 und 1991 rund 25.000 Menschen angekommen, die inzwischen alle Deutsche sind. Dabei handelt es sich häufig um Regime-Anhänger, die nur reisen können, wenn sie sich hier regime-treu äußern. In den Jahren 2014 bis 2016 waren es 13.000, 11.000 und 19.000, 2017

ging die Zahl auf ca. 6.000 zurück.

 

Somalia - gescheiterter Staat

Auch die Geschichte Somalias ist durch zahlreiche (Bürger-)Kriege und Grenzauseinandersetzungen geprägt. Seit 2017 regiert offiziell Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo, der aber nur über eine kleines Gebiet herrscht. Die wahre Macht liegt bei fünf Clans mit 60 bis 70 Unter-Clans, die das Land unter sich aufgeteilt haben. 

 

Nur 13 Prozent der Jungen und 7 Prozent der Mädchen besuchen eine Schule, und dies sind ausschließlich Koran- und Privatschulen. 70 Prozent der Bevölkerung hat kein Trinkwasser. Ca. 40 Prozent der somalischen Bevölkerung sei auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Pohl beklagte in diesem Zusammenhang das Ausmaß illegaler Fischerei vor den 3.000 Kilometer Küste

Somalias. 700 große Trawler seien dort ständig aktiv, davon 400 aus der Europäischen Union. Dadurch seien die Erträge für somalische Fischer auf 50 bis 30 Prozent der früheren Werte gefallen.

 

Während in Somalia selbst 12 Millionen Menschen lebten, wohnten 5 Millionen Somalier in Äthopien, 2,5 Millionen in Kenia, 500.000 in Dschibuti, 300.000 in Jemen und 150.000 in Kanada. Man geht davon aus, dass die Überweisungen dieser Menschen die größte Einnahmequelle für die Familien zuhause und den Staat sind.

 

Zwischen 2014 und 2017 hätten rund 29.000 Somalier in Deutschland Asyl beantragt, davon seien zwischen 25 (2014) und rund 70 Prozent als Schutzsuchend anerkannt worden.

 

Asylverfahren

Im dritten Teil seines Vortrags erläuterte Pohl ausführlich das System der Asylverfahren in Deutschland und stellte die aktuellen Zahlen vor. Er kritisierte dabei, dass Deutschland von Flüchtlingen aus Eritrea die Vorlage von Pass und Heiratsurkunde verlange, wohl wissend, dass es diese von Staats wegen gar nicht gibt und die Migranten diese nur gegen die Zahlung einer sehr hohen „Aufbausteuer" erhielten. Rohde wies darauf hin, dass die Diakonie für solche Fälle über einen Hilfe-Fond verfügt.

 

Im Anschluss entspann sich eine rege Diskussion. Und der eine oder andere wird sich selbst die Frage gestellt haben, wo denn der richtige Weg zwischen humanitärer Hilfe, sozialem Zusammenhalt und staatlicher Ordnung zu finden ist.

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Christian Rohde (Montag, 11 Juni 2018 16:01)

    Sehr geehrter Herr Kuchel,
    vielen Dank für die sehr gute Berichterstattung zu diesem komplexen Thema. Am Dienstag, den 19.06.18 , um 18:00 Uhr wird im Rahmen unserer Migrationsarbeit eine weitere Folgeveranstaltung mit Herrn Pohl in der kath. Kirchengemeinde St. Marien, im Kurzer Kamp 2, in Quickborn stattfinden. Diesmal geht es um die Herkunftsländer Syrien und Afghanistan. Alle Interessenten sind hierzu herzlich eingeladen.

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