Wer die Wahl hat, hat die Qual - Zwischenbericht vom 7. April zur Landtagswahl am 7. Mai 2017

GUDELIUS: Augenblick mal!

 

Hier schreibt der Quickborner Autor Peter Gudelius einmal in der Woche zu Themen der Stadt, des Landes und der Welt. Was sich kritisch liest, mal mehr, mal weniger zugespitzt, will als Anregung verstanden sein und zum Nachdenken verführen. Herausgeber und Redaktion weisen darauf hin, dass die Beiträge die Ansicht des Kolumnisten wiedergeben.

Weitere Beiträge des Autors finden Sie in seinem Blog „Sprach-los".

 

Heute ist die Wahl-Benachrichtigung für die Wahl am 7. Mai zum Land-Tag eingetroffen. Sie ist in Leichtem Deutsch geschrieben. Das hat zu vielen ungewohnten Binde-Strichen geführt. Darüber haben sich viele Menschen lustig gemacht.

Ich mache mich jetzt auch lustig über den Text. Ich habe aber einen ganz anderen Grund. Der Grund sind die Fehler, die in dem Text stecken. Die Schule, in der mein Wahllokal ist, heißt Goethe-Schule – mit Bindestrich! Der Bindestrich fehlt. Die Goethe-Schule liegt in der Goethestraße. Die Goethestraße muss aber im Leichten Deutsch einen Bindestrich bekommen. Der Bindestrich fehlt.

Die Gemeinde-Wahl-Behörde hat noch einen Fehler gemacht. Dieser Fehler ist besonders schlimm. Da steht „Stimmzettelschablonen“. Wer nur Leichtes Deutsch versteht, wird dieses Wort nicht verstehen. Hier fehlen zwei Bindestriche. Diese Bindestriche machen das Lesen leicht. Deshalb schreiben wir das Wort jetzt richtig: Stimm-Zettel-Schablonen. Würde vielleicht ein Binde-Strich genügen – Stimmzettel-Schablonen?

Zum Schluss noch eine Frage: Passt das Wort Schablone überhaupt ins Leichte Deutsch? Weiß jeder Mensch, was eine Schablone ist?

Es kam heute aber noch mehr Wahlkampfpost. Der CDU-Landtagsabgeordnete Peter Lehnert hat mir geschrieben. Ein kleiner Prospekt (Flyer) von ihm war auch im Briefkasten.

Herr Lehnert bewirbt sich darum, wieder in den Landtag von Schleswig-Holstein gewählt zu werden, und er will, dass die CDU die stärkste Partei wird und dann für die nächsten Jahre „das Sagen“ hat. Das ist sein gutes Recht.

Ein Kompliment hat Herr Lehnert schon jetzt verdient. Er hat die Nase vorn. Er ist der erste Kandidat, der sich an die Wähler wendet, im Brief mit persönlicher Anrede. Wer sonst noch in den neuen Landtag will, hat sich noch nicht gerührt. Aber wir haben ja Zeit. Gewählt wird erst am 7.Mai.

 In seinem Brief erwähnt Herr Lehnert  sechs Bereiche, in denen etwas geschehen muss, in seinem Flyer sind es sogar neun, für die er gerade stehen will:
„Solide Finanzen – Mehr Sicherheit – Bessere Bildung – Kindergärten stärken – Sichere Arbeitsplätze – Gute Verkehrsinfrastruktur – Gesundheitsversorgung ausbauen – Schnelles Internet – Ehrenamt stärken.“

Wer wollte dagegen etwas sagen? Will das nicht jeder? Wollen das nicht alle Parteien? Das ist die Schwierigkeit, mit der nicht nur Herr Lehnert zu kämpfen hat.

Wenn das nur das einzige Problem wäre! Alle wollen das Beste für uns, und alle schweigen sich über etwas Wichtiges aus: Wie wollen sie es erreichen? Das sagt niemand. Das Gemeine daran: Alle Parteien wissen: Was wir versprechen – wir schaffen es nicht, Wort zu halten, selbst wenn wir es wollten. Das Wie bleibt ohne Antwort.

Na ja, vielleicht nicht ganz. Hier und da ist die Rede davon, den Reichen den Reichtum wegzunehmen. Mehr Gerechtigkeit soll hergestellt werden. Das wollen alle, die Parteien, die Bürger. Dumm nur, dass niemand so genau weiß, was gerecht ist.

Sollen wir das den Politikern vorwerfen? Nein, auf keinen Fall! An der Frage, was gerecht sei, beißen sich seit Urzeiten die Philosophen die Zähne aus. Nichts spricht dafür, dass sie diese harte Nuss knacken werden. In dieser Frage müssen wir wirklich „Gerechtigkeit“ walten und die Politiker aus dem Spiel lassen. Ein Freispruch ist das nicht.

Um einen Freispruch geht es nicht, auch nicht um einen Schuldspruch. Es geht darum, auf ein Problem aufmerksam zu machen. Wie in jedem Wahlkampf wird das Komplizierte, das Schwierige, wieder so klein geredet, dass es ganz  einfach aussieht.

Da steht dann auf den Wahlplakaten „Anpacken statt rumschnacken“ – „Der packt an. Für Schleswig-Holstein“ – „Gute Familienpolitik für alle“ – „Wollen reicht nicht. Man muss es auch können.“ Alles gut und schön. Vor allem schön. Eine Hilfe ist das nicht.

Kurz und knapp, diese Wahlsprüche. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass dahinter Parteiprogramme stehen, die bis zu über 90 Seiten umfassen. Aber es ist so. FDP 96 Seiten, AfD 55, CDU 80, DIE LINKE 69, SPD 66. Alles ernst gemeint, alles hart in Diskussionen erarbeitet.

Alle diese Programme, das sei unterstellt, sind mit viel Verstand von vielen gedacht und geschrieben worden. Mit viel Verstand, der jetzt mit drei, vier Worten in Gefühl umgesetzt werden soll (in der Wahlwerbung).

Denn: Wahlen haben mit Verstand wenig zu tun, mit Gefühl umso mehr. Die aktuellen Beispiele müssen hier nicht genannt werden. Wir haben sie auch zu Hause.

 


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